Gründungsgedanken 1999 /
2000
"Allein machen sie dich ein,
schmeißen sie dich raus, lachen sie dich aus" Rio
Reiser
Beispiel Literatur
Cengiz Dogu wurde in Bergama (Pergamon) bei
Izmir geboren. Er studierte in Istanbul die
türkische Sprache und Literatur. Er war in der
Studentenbewegung (1968) aktiv. Am 12. März 1971
findet ein Militärputsch statt. Als Gegner des
Militärregimes und aufgrund seiner politischen
Aktivitäten wird er verhaftet. 1977 wird sein
Studium annulliert. Die Zustände in der Türkei
spitzen sich im 12. September 1980 noch einmal, nach
einem zweiten Militärputsch, zu. Diese, für ihn
lebensgefährliche Situation und eine Warnung vor
einer erneuten Verhaftung, führten zu seiner Flucht
ins Exil. Cengiz Dogu lebt sieben Jahre in einem
Sammellager in Neuburg an der Donau. Aus diesen
bitteren Erfahrungen stammen berührende, lyrische
Gedichte, Prosabeiträge und drei
Buchveröffentlichungen in der deutschen und
türkischen Sprache. 1991 nach zehn Jahren erhält er
Asyl nach der Genfer Konvention. Verständlicherweise
kann er sich selbst nicht zu „Markte“ tragen, das
kann keinEr. Er verdient seinen Lebensunterhalt als
Lagerist und hält Lesungen sowie zahlreiche
Publikationen im Rahmen von Aktionen gegen Rassismus
und Rechtsradikalismus.
Beispiel Fotografie
Der VISUM Fotograf Rolf Nobel schreibt in
„Menschen machen Medien“ „Die Alternative zum
engagierten Bildjournalismus, die sich gegenwärtig
zum größten Teil auf deutschen Magazinseiten
wiederfindet, ist im besten Fall fotografische
Nabelschau, manchmal aber nicht mehr als dekorative
Fotografie.“ Weiter schreibt er in seinem Artikel
„Welche Anzeigen-Agentur hat es schon gern, wenn
ihre Kellog´s Cornflakes-Reklame neben dem Bild
eines hungernden Kindes aus Ruanda plaziert wird?“
Er resümiert: „... Schon viel zu lange haben sich
viele der engagierten und inhaltlich motivierten
Fotografen angesichts der bunten
watte-hatte-dudde-da-Fotografie in den Magazinen in
die Defensive drängen lassen und trauen sich kaum
noch, ihre eigene fotografische Position offen zu
vertreten.“
Beispiel Fernsehen
Eine klischeehafte, eindimensionale Darstellung der
Welt, Ausrichtung am Massengeschmack, Hang zur
gestalterischen Gleichförmigkeit nimmt auch im
Fernsehen kontinuierlich zu. Politische- und
gesellschaftliche Themen können dort zwar
journalistisch als Reportage (Augenzeugenbericht),
Talkshow und Magazin-Kurzfeature dargestellt werden,
eine intensive künstlerisch-handwerkliche Umsetzung
hat jedoch kaum eine Chance auf eine
Mittelbereitstellung. So ein Münchner Kollege
„Machen wir uns nichts vor, wir machen doch Werbung
für die Werbung“. In diesem Diskussions-Zusammenhang
stellte ein anderer Kollege folgende polemische
Frage: „Was kostet der Mensch in DM, Euro oder
Dollar?“
Um diese Argumentation zu untermauern möchte ich
aus dem ARD-Optimierungspapier für die Produktion
von Spielfilmen zitieren. Wie mir meine Kolleginnen
und Kollegen der arbeitsgemeinschaft dokumentarfilm
versicherten, trifft dies auch für Dokumentarfilme
zu:
Vorgaben und Erfolgskriterien sind, dass die
Geschichten „Attraktiv, unterhaltsam und/oder
interessant/relvant“ sein sollen. Die Erzählweise
solle „unkompliziert, einfach“ sein, sich dabei „an
den Men-schen, nicht nur am Thema orientieren“. Dem
Anfang wird eine entscheidende Bedeutung zugemessen:
„Ein schlechter, mißlungener komplizierter oder
verwirrender Anfang verdirbt den gesamten Film.“
(Dies deutet auf eine amerikanische Dramaturgie, am
Anfang alles und was danach kommt , ist anscheinend
nicht mehr relevant.) Die Hauptdarsteller sollen
einen „möglichst hohen Bekanntheitsgrad“ haben.
(Dies gilt auch für ProtagnistInnen im
Dokumentarfilm.)
Das Milieu soll „Attraktiv, zumindest interessant,
nicht abstoßend“ sein. Die Genres dürfen nicht
vermischt werden. Negativ-Kriterien sollen vermieden
werden: „z.B. Exzessive Gewaltdarstellungen,
Lehrhaftigkeit, vermeintlicher und verquaster
Tiefsinn, Unverständlichkeit, übertriebene formale
Spielereien, Untertitelungen, komplizierte,
unverständliche und unattraktive Anfänge.“ (Man/frau
sollte meinen, die Redaktionen betrachten nur die
Anfänge eines Films, weil dieser Satz bei diesen
Vorgaben schon das zweite Mal beschrieben wurde.)
In dem ARD-Optimierungspapier wird eine „Konsequente
Orientierung an den Sendeplatzbeschreibungen“ und
„Konsequente Orientierung an den vereinbarten
Vorgaben und Erfolgskriterien“ eingefordert. „Die
Vorgaben sind zugleich die Maßstäbe für die Qualität
der Filme.“ Die Vorgaben sollen durch eine
„Konsequente Kontrolle und Durchsetzung der
Vorgaben.“ gesichert werden. (Das Orignalpapier und
eine ausführliche Sammlung über die öffentliche
Quoten- und Verflachungsdiskussion in den
Printmedien kann bei uns angefordert werden.)
Linkhinweis: arbeitsgemeinschaft
dokumentarfilm
Dies ist ein kleiner Abriss über die aktuelle
Situation. Täglich geschehen neue Beispiele hierfür.
Jedoch lamentieren hat keinen Sinn, lasst uns aus
Schwäche Stärke machen!!!